Hat Theater nicht viel mehr mit dem Tod zu tun als mit seiner vielbeschworenen Gegenwärtigkeit und Unmittelbarkeit – etwa durch seine Flüchtigkeit? 2003 standen in der Inszenierung DEADLINE des Regie-Kollektivs ‚Rimini Protokoll‘ Personen auf der Bühne, die aus ihren Berufen innerhalb unserer Sterbekultur berichteten und über ihren eigenen Tod nachdachten – jene so genannten ‚Experten des Alltags‘, die aufgrund ihrer mangelnden Virtuosität oftmals als umso ‚wahrhaftiger‘ wahrgenommenen werden.
In PRESENT CONTINUOUS PAST(S) rekonstruiert und erforscht der professionelle Tänzer Benjamin Schoppmann die Bewegungen und Sprechweisen dieser nun abwesenden Bühnen-Laien und setzt sie zugleich aufs Spiel. Was entsteht, wenn ein Tänzer sich mit den Bewegungen jener Nicht-Profis auf der Bühne auseinandersetzt, wenn er mitunter ihre ‚authentischen‘ Gesten minutiös nachbaut, als handle es sich dabei um eine Choreographie? PRESENT CONTINUOUS PAST(S) ist eine Arbeit über Theater und Tod, über das Konstrukt Wahrhaftigkeit und die gespenstische Präsenz des Vergangenen in einer gegenwärtigen Bühnensituation.
„Ziemlich schnell wird deutlich, dass es keineswegs um mimetische Prozesse, ein Nachspielen von ‚Deadline‘ geht (…). Vielmehr steht die Frage nach einer möglichen Transformation / Adaption des Vergangen für die Gegenwart, bis hin zu einer (möglichen) Zukunft, die stattgefunden haben könnte, im Vordergrund (…). Von einem bestimmten Stück ausgehend, das scheinbar vor allem durch die Anwesenheit der „authentischen“ Experten lebt, gelingt es Blasius somit einen Möglichkeitsraum zu öffnen, indem er die Markenzeichen von Rimini Protokoll in einem völlig neuen Rahmen aufs Spiel setzt.“
Reinhard Strobl, Corpusweb
Regie/Choreografie: Sebastian Blasius
Dramaturgie: Daniel Franz
Performance: Benjamin Schoppmann