Vier Tänzer*innen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen rekonstruieren die Bewegungen und Sprechweisen von Schauspielern in ihren Verkörperungen des ‚Woyzeck‘-Personals verschiedener früherer Inszenierungen und entwickeln daraus eine Choreographie. Als was können die historischen Gesten eines Schauspielers lesbar werden, wenn Tänzer*innen sie rekonstruieren, re-enacteten, nachschreiben in dem Bewusstsein, dass es sich um das Material Abwesender handelt? Welche Körper, welche Identitäten, welche Präsenzen bringt diese Konfrontation hervor?
WOYZECK ÜBERSCHREIBEN ist ein Palimpsest, in dem historische und fiktionale Anteile aus früheren ‚Woyzeck‘-Inszenierungen mit choreographischen und philosophischen Fragestellungen wechselwirken und Büchners „vielfach vom Theater geschundenen Text“ (Heiner Müller), gleichsam aus verschiedenen Quellen montiert, neu erfahrbar machen. Die Arbeit ist der 3. Teil einer Recherche, die nach den Möglichkeiten fragt, historisches Inszenierungsmaterial zu erinnern und zu übermalen, um gerade dadurch den Raum für eine aktuelle Auseinandersetzung zu öffnen.
„Kann man dem Stück heute noch neue Sichtweisen abringen? Man kann. (…) Was man zu sehen bekommt, sind gewollt blutleere, stockende und stotternde Körperhüllen. Mit anderen Worten: Schauspielergespenster. (…) ‚Woyzeck überschreiben‘ ist (…) in seinen besten Momenten so seltsam und kurios, dass man sich verwundert die Augen reibt und zu grübeln beginnt: über den ‚Woyzeck‘ und über Theater als solches.“
Süddeutsche Zeitung
Regie/Choreografie: Sebastian Blasius
Dramaturgie: Daniel Franz
Bühne/Kostüme: Cristina Nyffeler
Licht: Andreas Mihan
Sound: Rupert Jaud
Performance: Sigal Zouk, Arantxa Martinez, Eduard Mont de Palol, Ludger Lamers